Rasierbecher

Rasierbecher

Mann trägt wieder Bart?

Heute ist mal richtig Männerthema angesagt! Wussten Sie eigentlich, dass sich die Männer schon in der Steinzeit rasierten? Also vor vielen, vielen tausend Jahren. Belegen sollen dies Höhlenmalereien. Und das ganze ohne „Mach3“ oder einer Technologie, die „40.000 Schneidebewegungen pro Minute“ leistet. Es lässt sich daraus folgern, dass Rasur und Hautpflege beim Mann schon immer eine wichtige Rolle einnahmen. Sicher variierten dabei die Methoden sehr stark. Schaut man sich die Sache näher an, wie sich ein Mann in der Steinzeit sein Barthaar pflegte, stimmt unsere heutige Werbung nicht mehr ganz, wenn sie von einem Rasiererlebnis spricht. Der Steinzeitmensch hatte sich einen Stein oder eine Muschel passend gemacht. Das ruft nach einem Abenteuer. „10-D-flexibles Schersystem“ 50 Minuten kabellose Rasur, oder „wet&dry“ Rasur? Erlebnis sieht anders aus. Da bekommt der Begriff Hautirritation gleich eine ganz andere Dimension. Aus der Bronzezeit stammt neben den Höhlenmalereien vermutlich der älteste Beweis des Rasierens. Eine alte Rasierklinge, die rund 3500 Jahre ist.

Barttasse Museumsobjekt

Was passierte denn zwischen 20.000 v. Chr. und 2000 nach Chr. hinsichtlich des Rasierens? Die Technik entwickelt sich weiter und die Bartmode verändert sich bis heute stetig. Scharfe Klingenmesser eroberten den Markt und es entstand der Beruf des Barbiers, der heute nur noch selten anzutreffen ist. Vollbart, Backenbart, Kinnbart, Schnurrbart, Ziegenbart, Stoppelbart oder glatt rasiert – das ist die grundsätzliche Frage. Die Rasur bzw. Bartpflege muss jeder Mann täglich auf seine Weise betreiben.


Vor rund einhundert Jahren rasierte sich auf Sylt ein Mann mit Hilfe des wunderschönen Objekts.

Barttasse Museumsobjekt
Barttasse Museumsobjekt

Unwissende jüngere Generationen vermuten darin beim Anblick vielleicht eine Spezialteekanne? Nein, es handelt sich dabei um einen 11 cm hohen Bartbecher – aus Steingut. Verziert mit acht filigran gestalteten floralen Mustern und einem Sylter Motiv. Die überdimensionale Öffnung ist für den schmalen Rasierpinsel gedacht, die obere halbkugelförmige Öffnung mit den drei Löchern bietet Platz für das flache Stück Rasierseife. Nachdem warmes Wasser in den Becher eingegossen wurde, konnte es mit der Rasur losgehen. Die Seife musste mit dem nassen Pinsel aufgeschäumt werden. Zuviel aufgebrachtes Wasser tropfte durch die kleinen Öffnungen ab. Anschließend wurde die aufgeschäumte Seife in das Barthaar eingebracht. Das Rasiermesser erledigte den Rest und entfernte das Barthaar.

Er war nie weg!

Seit einigen Jahren zeichnet sich wieder der Trend zum Bart ab. Laut Statistik tragen über 60 % der Herren in Deutschland Bart. Natürlich hat auch der Bart in der Gesellschaft eine Bedeutung. Götter und Herrscher trugen ihn. Zur Zeit der Napoleonischen Kriege galt der Voll- oder Schnauzbart als Abzeichen altdeutschen Wesens. Der Vollbart war ein Zeichen der puren Männlichkeit, aber auch verbunden mit Religiosität und Bildung. So trugen oft Wissenschaftler und Politiker einen Bart.
Die heutigen jungen Vollbartträger – die sogenannten Hipster – prägen eine eigene Subkultur. Der Hipster bewegt sich irgendwo zwischen Avantgarde, Extravaganz, Szenebewusstsein und Retrowelle – die Hornbrille und das Bonanzarad gehören neben dem Vollbart genauso dazu wie das neueste Apple Produkt und die alternative Limonade.
„Unflath von Speisen und Getränken in den Borsten“

Was hätte aber der Vollbarträger aus dem 19. Jahrhundert gemacht, wenn er seinen Latte Macchiato trinken wollte? Der Milchschaum wäre ihm vermutlich im Bart hängengeblieben. Der Barträger sah sich heftiger Kritik am gesammelten „Unflath von Speisen und Getränken in den Borsten seines Bartes“ ausgesetzt. Um dieses zu verhindern wurde die Barttasse erfunden.

Barttasse Museumsobjekt

Eine Tasse, die bereits im frühen 19. Jahrhundert aufkam und das Problem sehr leicht löste. Ein im inneren Rand der Tasse angebrachter Porzellansteg hielt den Schnauzbart von dem „Unflath“ fern. Bei der abgebildeten Tasse ist folgende Aufschrift aufgebracht: „Deinen schönen Bart zu schützen soll diese Tasse nützen Bis einst Dein Sohn, der Jüngste dann Den seinen damit schützen kann“. So erfreut sich vielleicht der ein oder andere Hipster an der geerbten Barttasse? Leider fehlt in der Sammlung des Sylter Heimatmuseums noch solch eine Tasse, aber vielleicht entdeckt ein Leser diese Tasse in seinem Fundus und schenkt sie uns.

Barttasse
Museumsobjekt

Vielleicht sogar mit dem schönen Westerländer Motiv, der Kurpromenade mit Musikmuschel, das auf dem Rasierbecher vorzufinden ist. Mag sein, dass der Rasierbecher ursprünglich als touristisches Mitbringsel gedacht war. Dieser Becher jedoch blieb für immer auf Sylt und lässt sich im Heimatmuseum näher betrachten.
Und an alle Leserinnen, die bis zum Schluss durchgehalten haben, schauen Sie doch mal bei Ihrem Lieben nach solch einem Becher nach. Wie das Leben so spielt, auch in dieser Sache gibt es die „Schafft die Bärte ab Forderungen“ einiger Frauen! Und wenn eines Morgens der Milchschaum im Barte hängt, weil der Becher verschwunden ist…

Rasierbecher
Inventarnummer: 2011-302
Datierung: um 1910
Material: Steingut
Maße: 10,5×14 cm (hxb)
Technik: gebrannt, gefasst
Hersteller: unbekannt
Standort: Sylter Heimatmuseum

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