Löffelbord

Löffelbord

Löffelbord 2412 3989 Sölring Museen Sylt
Löffelbord von 1725

März 2019

Löffel waren in den vergangenen Jahrhunderten das wichtigste Esswerkzeug. Jeder Hausbewohner besaß seinen eigenen, in der Regel aus Holz oder Horn gefertigt. Doch wohin mit dem kostbaren Löffel, wenn er nicht benötigt wurde? Das Hilfsmittel hängt an der Wand und bietet reichlich Platz für die einzelnen Löffel der Bewohner. Das Museumsobjekt des Monats März ist ein Löffelbord von 1725 und bildete vor der Besteckschublade das perfekte Hilfsmittel im Haushalt unzähliger alter Wohnküchen. Aufsehen erregt bei diesem Exponat der komplexe Aufbau und die künstlerischen Kerbschnitzereien. In der Ausstellung des Altfriesischen Hauses befindet es sich bereits seit vielen Jahrzehnten ausgestellt.

Einige Jahre hat das Bord bereits im Einsatz und dies hinterlässt deutliche Spuren. Um dieses bald 300 Jahre alte Möbelstück weiterhin ausstellen zu können wurden die „falschen“ Zeitspuren jüngst aufwendig durch einen Holzrestaurator bearbeitet. Was sind die „falschen“ Spuren? Zunächst bedeutet dies, die Konstruktion in sich wieder zu festigen. Gedrechselte Säulen, Zwischenbretter, Rückenbrett und altersbedingte Risse und Ausbrüche im Bereich der Bruchkanten zu restaurieren. Aber auch die fachgerechte Oberflächenreinigung zählt als wesentlicher Bestandteil zu den Restaurierungsarbeiten. Teile des Rückenbretts sind noch farblich gefasst. Vereinzelte Stellen am gesamten Bord zeigen gleiche rötliche Farbspuren, jedoch sind diese verschwindend gering und über die ursprüngliche Fassung des Bords lässt sich nur eine vage Aussage treffen. Möglich ist, dass die Fassung erst später aufgebracht wurde. Fragen bleiben leider immer übrig.

Die untere Gratungsnut am Rückenbrett verrät, dass das Löffelbord ursprünglich eine Verlängerung nach unten besessen haben musste. Bereits auf der historischen schwarz-weißen Aufnahme von 1920 ist das Löffelbord schon nicht mehr komplett und so fehlt die Gewissheit, wie die Verlängerung je gestaltet war. Die Gestaltung des vorliegenden Bords und Vergleichsbeispiele lassen sehr stark vermuten, dass es sich um ein leicht geschweiftes und verziertes Holzbrett handelte. Diese Verlängerung wurde bei manchen Löffelbords mit waagerechten Stäben zu Handtuchhaltern ergänzt. Solch ein Kombi-Bord ist ebenfalls im Altfriesischen Haus zu bewundern.

Am oberen Zwischenbrett fehlte eins der zwei flankierenden Seitenbretter. Das Fehlende wurde in seiner Form kopiert, jedoch ohne zierende Schnitzerei in das Kleinmöbelstück eingesetzt. Durch diese neutrale Gestaltung wird dem Betrachter deutlich, dass es sich um eine Ergänzung handelt.

Beeindruckend wird das hölzerne Kleingerät, wenn sich der Blick auf die Gestaltung konzentriert und die präzisen und aufwendigen Schnitzereien Schritt für Schritt entdeckt werden. Filigrane Kerbschnitzerei in Rosettenform und gedrechselte Säulen bestimmen den Anblick. Muster, die auch in anderen regionalen Möbelstücken auftauchen und die die Wertigkeit solch Objektes mitbestimmen. Welch Schublade erfährt heute noch diese ästhetische Bestimmung? Auch ohne die eingekerbte Datierung im zentralen Bereich des Rückenbrettes wird jedem klar, dass das Objekt nicht der Maxime „Form follows function“ – wie es vor 100 Jahren durch das Bauhaus praktiziert wurde, untersteht. Das Brett sollte nicht nur Haushaltsgegenstand sein, sondern gleichzeitig auch Repräsentationsschmuck. Der unwissende Betrachter kann es nicht auf den ersten Blick als Löffelbord erkennen. Die schmuckvolle Gestaltung zog sich auch in vielen weiteren Gegenständen wie Beispielsweise des Mangelbrettes, der Aussteuertruhe und der aufwendigen Kerbschnitzerei bei Schränken und Sitzgelegenheiten weiter. Die Vielfalt der Motivik bei der Kerbschnitzerei ist endlos. Regionale Unterschiede ermöglichen gelegentlich eine präzise lokale Zuordnung der Objekte. Bei dem Löffelbrett lassen sich die klassischen Schachbrettmuster genauso vorfinden wie die unterschiedlichen Rosetten und Zwickel. Letzteres sind die sogenannten essentiellen Winkelfüller bei Rosetten.

Meister seines Handwerkes

Diese Rosettenmuster, überwiegend durch Zirkelschlag angerissen, sind präzise mit sehr scharfen Messern aus dem Grund geschnitten worden. Durch Kombinationen von Bögen, Kreisen und Geraden oder durch natürlich – figürliche Motive sind ihrer Mustervielfalt kaum Grenzen gesetzt. Besonders spannend wird die Wahrnehmung dieser plastischen Ausarbeitungen bei unterschiedlichem Lichteinfall.

Wer sich nun fragt, wo denn der Löffel seinen Platz findet, der sucht den entsprechenden Hinweis im Abschlussbrett. Am äußeren Rand verläuft ein parallel geführter Halbkreis mit rechteckig geschlitzten Durchlässen. Im Binnenbereich sind achtzehn 1,5 cm große Kreise, welche ebenfalls als Löffelhalterungen fungieren.

Löffel abgeben

Zuletzt bleibt noch zu hinterfragen, was es mit dem Sprichwort „Den Löffel abgeben“ auf sich hat? Der Löffel steht in unserem Kulturraum für die lebensnotwendige Tätigkeit des Essens. Dass jeder seinen eigenen Löffel hatte, den er an einem bestimmten Platz des Löffelbords aufbewahrte, zeigt uns, dass der Stellenwert des Löffels um 1725 deutlich höher war, als es bei den meisten heutigen Löffeln der Fall ist. Verlässt nun ein „Esser“ das Wohnhaus durch Weggang vom Hof oder im schlimmsten Fall durch den Todesfall, gibt er seinen Löffel ab. Den Löffel erhält der nächste Bewohner, der ihn wiederum zwischen den Mahlzeiten im Löffelbord platziert.

 

Inventarnummer: 2008-283
Datierung: 1725
Material: Holz, Farbe
Maße: 38,5x48x12,7 cm
Technik: Schnitzarbeit, Drechselarbeiten, Sägarbeiten
Hersteller: unbekannt
Standort: Sölring Museen/Altfriesisches Haus seit 1640

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