Pappanhänger | Baumannshöhle

Pappanhänger | Baumannshöhle

Pappanhänger | Baumannshöhle 2349 1192 Sölring Museen Sylt
Pappanhänger um 1940

Juli 2018

Revolutionäre Erfindung

Was für ein Sommer! Wie gut, dass es vor über 160 Jahren kluge Leute gab, die Westerland zu einem Seebad-Status verhalfen. Die dadurch entstandene Infrastruktur führte auf der Insel zu einer bewegten Geschichte und gleichzeitig auch zum professionalisierten Zugang in die erfrischende Nordsee. Auf in die Sommerfrische nach Sylt. Doch wohin, wenn spätabends die Sonne im Meer verschwindet und die Feierlust lockt? Für die Nachtbummler wurde 1932 in Westerland eine weitere Möglichkeit geschaffen. Sie konnten von da an in das Nachtlokal der Baumannshöhle bzw. die ruhigere Bar „Zur Kajüte“ eintauchen. Und wer zu stark feierte, für den hatte der Besitzer Reinhold Baumann das passende Accessoire bereit. Einen kleinen Pappanhänger – das Museumsobjekt des Monates Juli.


Baumanns Eltern, Karl Reinhold und Emma (geb. Lorenzen) Baumann betrieben das Gebäude in der Paulstraße bereits in zweiter Generation als gastronomischen Betrieb. Reinhold Johann Baumann wurde am 4. April 1889 in Westerland geboren und heiratete am 14. September 1922 im Westerländer Hotel Victoria Henriette Emma Matzen. Henriettes Vorfahren leben schon seit mehreren Generationen auf Sylt. Das junge Ehepaar kümmerte sich fortan um das Hotel und um die vergnügten Badegäste. Reinhold nannte sich fortan auf Grund seiner Körpergröße nur noch Riese Baumann und Henriette nutzte als Ansprache Henny.

Um die Feierlaune anzuheizen, sorgte Baumann immer für eine Kapelle, die Live Musik bot. Außerdem wurde die Baumannshöhle auch für einige Gruppen zum Kultlokal. So trafen sich der „Verein der Matratzenschoner“, die sich mit ihrem Motto des Matratzenschonens dem Nachtleben verschrieben hatten. Ein ähnliches Ziel verfolgten die späteren „Endlosen“, die die Nacht in der Baumannshöhle zum Tag machten. Diese gründeten sich in der Nacht zum 13. August 1956 in Westerland und trafen sich mindestens an jedem 13. August in der Baumannshöhle. Praktisch, denn Henny war Ehrenpräsidentin. Ausnahmsweise fand das 25-jährige Jubiläumsjahr in der Bar des Hotels Miramar statt. Humor, Ausgelassenheit und gegenseitige Hilfe, sofern es nötig ist, waren die Prinzipien der „Endlosen“. Weil die lockere Gruppe sich als eine „goldige Gesellschaft“ sah, war das Erkennungszeichen ein Goldkettchen mit goldenem Amulett. Darauf waren eine Liegende und der Name „Die Endlosen“ zu sehen. Allerdings bezog sich die Treue der „Endlosen“ nicht nur auf die Baumannshöhle, sondern besonders auch auf die Verbundenheit zur Insel.

War es dann mal wieder zu viel im Glas, wusste der Riese schon vorab, dass guter Rat teuer ist. Bevor die Feierlaune anstieg und in der Baumannshöhle ein zu “hoher Seegang“ herrschte, konnte man sich den Pappanhänger „Ich kneipe diese Nacht!“ ausfüllen. Dann ging nämlich nichts mehr schief. „Sollte ich meinen Weg nicht mehr finden, so befestigen Sie mir diesen Zettel im Knopfloch und senden mich heim“ lautete es weiter auf der Karte und dies verschaffte wohl den Baumanns den entscheidenden Vorteil, am Ende der Nacht zu wissen, dass alle Gäste wieder wohlbehütet in ihren Unterkünften angekommen sein mussten.

Damit aber noch nicht genug. Riese und Henny hatten noch mehr kleine Kärtchen, die den Kneipenalltag regeln sollten. Bekam man die Karte „Sie werden gebeten, so unauffällig wie möglich eine Lage zu geben“ hingelegt, hieß es: Bier, Wein oder Champagner für alle! Förmlicher und weniger lustig hingegen war es, wenn der Gast von Baumann den Hinweis erhielt: „Sie haben bei uns nichts zu bezahlen – Wir bitten Sie aber, das Lokal zu verlassen! Die Geschäftsleitung“. So musste der Nachtbummler die Baumannshöhle verlassen und sich in einem anderen Lokal einfinden. Wenn nicht gerade Smokingzwang war, war das Trocadero in der parallel verlaufenden Strandstraße eine gute Alternative. Das „Troco“ bot ebenfalls die Stars der Zeit als Live Act und hatte die Tore für die Sommerfrischler bis 1958 geöffnet.

1945 starb Riese Baumann und die Baumannshöhle wurde kurzzeitig von den Engländern beschlagnahmt bzw. verpachtet. Im selben Jahr noch eröffnete Henny das Lokal mit ihrer jüngsten Tochter Eva Baumann, die 1953 einen Umbau anregte. Es entstand zusätzlich das Restaurant Baumanns- Klause. Die Baumannshöhle fungierte weiterhin noch viele Jahre mit Live Musik für rauschende Nächte.

Inventarnummer: 2016-260
Datierung: um 1940
Material: Papier
Maße: 15×7,6 cm (lxb)
Technik: gedruckt
Hersteller: unbekannt
Standort: Sölring Museen/Sylt Museum, Ausstellung

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