Bowlelöffel

Bowlelöffel

Bowlelöffel 2560 1707 Sölring Museen Sylt
Bowlelöffel

Dezember 2016

Ein gehaltvoller Schluck

Zuerst das besinnliche Weihnachtsfest und dann krachend ins neue Jahr 2017. Eine Bowle darf dabei nicht fehlen. Ob mit oder ohne Alkohol, fruchtig prickelnd oder warm als Punsch – vielseitig ist die Bowle allemal und wird nicht nur im Winter getrunken. Das Museumsobjekt des Monats Dezember, der silberne Punschlöffel, kann es problemlos mit den exklusivsten Bowlen und den fortgeschrittenen Rummelpott-Gängern aufnehmen.

Der graziöse Löffel ist das perfekte Geschirr, wenn der Gastgeber den Punsch verteilt. Zum festlichen Essen an Weihnachten gehört seit jeher nämlich auch der gehaltvolle Schluck. Für diesen Schluck wurde neben einer Bowle früher in Schleswig-Holstein extra ein kräftiges „Julbier“ gebraut, um auf „Jul zu trinken“. Aber auch die allerbesten Weine kommen bis heute dabei auf den Tisch.

Genussmittel, exotische Gewürze und Zitrusfrüchte für die Bowle wurden bereits im 18. und 19. Jahrhundert aus den Kolonien importiert. Diese beeinflussten die Qualität entscheidend bzw. machten die Bowle erst möglich. Der Friesenpunsch steckt nämlich voller Zutaten, die nur in Kolonialläden oder Höker erhältlich waren. Häufig war es das Privileg der Küstenbevölkerung, aufgrund der vielfältigen Kontakte über die Seefahrt und den Handel, frühzeitig mit den Luxusgütern in Kontakt zu kommen. So brachten Sylter Seeleute und Kapitäne von ihren Reisen stets neue Güter mit. Auch bei Schiffsstrandungen vor der nordfriesischen Küste konnte eine Ladung mit Kolonialprodukten dabei sein. Umgang und Kenntnis mit dem neuen Produkt musste dann erst einmal erworben werden. Heute weiß jeder wie Tee verarbeitet wird – dies musste aber erst erlernt werden.

Der Sylter Chronist Christian Jensen (1857-1936) berichtete über das 18. Jahrhundert, dass hauptsächlich Wasser und Molke getrunken wurde. Bei Festlichkeiten tischten die Insulaner auch mal Husumer Bier auf. Tee lernten die Sylter ab 1735 kennen und rund 10 Jahre später gelangte dann auch der Kaffee auf die Insel. Das Tee- und Kaffeetrinken etablierte sich sehr schnell und veränderte damit auch nachhaltig die Trinkgewohnheiten der Menschen an der Westküste. Tee wurde schnell zum Alltagsgetränk, da damit die schlechte Trinkwasserqualität sowie die Lebensqualität deutlich verbessert wurden. Tee ist auch im Punsch eine wichtige Zutat.

Kaffee galt zum einem als Luxusgut, zum anderen aber auch als Notgetränk, da er ein Sättigungsgefühl vermittelt. Hinzu kommt, dass er in schlechten Zeiten als Surrogat aus Korn und Früchten gewonnen werden konnte und somit die Trinkgewohnheiten der Menschen erhalten blieben.

Dass die Genussmittel im 17. und 18. Jahrhundert schnell in den Alltag der Menschen integriert wurden, lag zum einen daran, dass viele Bewohner dieser Zeit bereits entsprechenden Wohlstand erlangt hatten und sich die Güter leisten konnten. Zum anderen aber sollte dafür auch die Weltoffenheit als Folge von intensiver Handelsbeziehungen und langer Seefahrertradition der Menschen verantwortlich gewesen sein. Neben den Ess- und Trinkgewohnheiten änderte sich durch den Einzug der Kolonialgüter gleichzeitig auch der Wohnalltag, in dem neue Möbel, Geschirr und Kleider genutzt wurden. Das Kaffee- und Teetrinken oder das Rauchen erforderte neue Ausstattungsstücke wie Mühlen, Geschirr, Pfeifen und Aufbewahrungs- sowie Warmhaltemöglichkeiten.

Gemütliche Punschrunden gab es im 19. Jahrhundert nicht nur in den Berliner Salons sondern auch auf Sylt. Vorbereitungsabende klangen mit einer Punschrunde aus. Am Festtag feierte man bei Punsch, Grog, Stopftabak und Zigarren. Beim traditionellen Rummelpottlaufen erhielt man bspw. eine Portion kräftigen Punsch. Friedrich Schiller ehrte 1803 den Punsch mit einem Lied und beschreibt darin die Anzahl der Zutaten sowie die Herstellung. Er endet mit: Eh es verdüftet Schöpfet es schnell Nur wenn er glühet Labet der Quell.

Der mehrteilige und 93 Gramm leichte Sylter Punschlöffel ist rückseitig des muschelförmigen Musters mit einer Punktierung versehen, die ausweist, dass der Löffel „zum 23ten [Dezember] 1847“ an eine Person (unleserlich) geschenkt wurde. Der Stempel des Herstellers weist den Meister Jacob Andreas Bodewadt aus Süddänemark/Tondern aus. Der Griff, aus Elfenbein gefertigt, lässt sich über ein Gewinde zerlegen bzw. mit dem Schaft des Löffels verbinden.

Friesen Punsch:

6 Orangen
2 Zitronen
1 Vanille- und 1 Zimtstange
10 Gewürznelken
250 gr. Zucker
½ l Wasser
6 geh. TL schwarzer Tee (Assam oder Darjeeling)
1 Flasche Rum (0,75l
Die hauchdünn abgeschälte Orangen- und Zitronenschalen mit den Gewürzen Zucker und Wasser aufkochen und 5 Minuten ziehen lassen. Den Tee und den Saft aller Früchte dazugeben, weitere 5 Minuten ziehen lassen. Abseihen und mit dem Rum nochmals aufwärmen. Nach Belieben im Glas mit heißem Wasser aufgießen.

Inventarnummer: 2005-240
Datierung: um 1847
Material: Silber, Bein
Maße: 23 x 11 x 7,5 cm (lxbxh)
Technik: getrieben, gehämmert, geprägt, gedrechselt 
Hersteller: Meister Jacob / Bodewadt/Tondern
Standort: Sölring Museen/Sylt Museum, Ausstellung

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